Trainer Antonio "Toni" Rodríguez beim Coaching seiner Schützlinge. | man

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Das Fechtduell gilt neben dem Ringen und Boxen historisch als eine der ältesten Wettkämpfe zwischen zwei Menschen. Seine Geschichte reicht zurück bis in die Antike, und so sollen sich schon die alten Griechen und Römer dem Zweikampf mit den vorchristlichen Versionen von Degen, Florett oder Säbel gestellt haben.

Vor diesem Hintergrund mutet das Hightech-Equipment, mit dem man sich beim heutigen Sportfechten miteinander misst, irgendwie seltsam an. Der Palmesaner Yasim Larriba ist gerade damit beschäftigt seine Fecht-Kleidung anzuziehen, als er mit dem Finger auf das eingenähte Hinweisschild an seiner Jacke zeigt. „Hier steht 800 Nm, das bedeutet, durch die eingearbeiteten Kevlar-Fasern widersteht das Material einer mechanischen Belastung von bis zu 800 Newton pro Quadratzentimeter.” Diese Widerstandskraft sei unbedingt nötig, denn auch wenn die Florette, mit denen sich hier und heute beim Training duelliert werden, keine Spitze, sondern eine Art elektronischen Drucksensor haben, würde ein Treffer auf die ungeschützte Brust Verletzungen verursachen.

Die rund zehn Sportlerinnen und Sportler, die heute in einer der Hallen in Palmas UIB Campus Esport trainieren, sind alle komplett ausgestattet. Jeder trägt Fechthose, Fechtjacke, Maske, Handschuh und sogar Fechtsocken. Alles in allem kann die Ausrüstung schon um die 1000 Euro kosten. Larriba, der im vergangenen Jahr spanischer Vizemeister in seiner Altersklasse geworden ist, fingert nun ein langes rotes Kabel mit einer Art Stecker an jedem Ende aus seiner Fechttasche. „Das Kabel kommt unter meine Jacke und wird auf der einen Seite an den Pistolengriff meines Floretts angebracht.” Das andere Ende des Kabels führt in eine kleine elektronische Empfängerbox, die wiederum in der Gesäßtasche getragen wird. Über die Jacke kommt dann noch eine sogenannte E-Weste. Diese ist mit Metallfäden durchzogen, sodass sie leitfähig wird. „Wir haben hier quasi einen unterbrochenen Stromkreis. Trifft mich jemand mit seiner Waffe irgendwo an der Weste, wird der Stromkreis geschlossen und ein Signal an die Empfängerbox gesendet.” Ein Ton bestätige dann akustisch den erzielten Treffer. Bei der Geschwindigkeit, mit der sich die Florette durch die Luft bewegen, wäre es sonst zumindest für Laien wohl auch unmöglich, einen Treffer zu erkennen.

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Bei dem geschulten Auge von Trainer Antonio „Toni” Rodríguez sieht das schon anders aus. „Ich habe mein ganzes Leben lang gefochten und war früher Teil der schottischen Nationalmannschaft.“, erklärt der heute 68-jährige Mallorquiner. Das Fechten sei ein wahnsinnig spannender Sport, von dem er wohl auch nie ganz loskommen werde. Es brauche Disziplin, Ausdauer und vor allem Köpfchen und Taktik, um einen Gegner zu schlagen. Mit Blick auf Larriba erzählt er: „Yasim fing bei mir erst mit Mitte 20 mit dem Sport an – und hat es dennoch ziemlich weit gebracht. Demnächst wird er sogar wieder versuchen, sich den spanischen Titel in seiner Altersklasse zu schnappen.”

Der 39-jährige Larriba befindet sich gerade im Duell mit der 13-jährigen Alma Wolf, die vor zirka eineinhalb Jahren mit ihrer Familie von Berlin nach Sineu gezogen ist. Nach einem knappen Punktsieg für Larriba nehmen beide die Fechtmasken ab und schütteln sich die Hand. Bezogen auf den Alters- und Größenunterschied sah diese Begegnung zumindest von außen betrachtet nach einem nicht ganz fairen Kräftemessen aus. Yasim Larriba erklärt: „Natürlich habe ich längere Arme und damit eine bessere Reichweite, aber der Oberkörper von Alma hat dafür eine sehr viel kleinere Oberfläche, um getroffen werden zu können. Damit kann man taktieren und so einen vermeintlichen Nachteil zu einem Vorteil machen.”

Yasim Larriba (l.) und Alma Wolf beobachten genau, welche Taktiken die anderen Sportler im Duell anwenden. (man)

Als sich schließlich auch Alma Wolf von den Anstrengungen des Punkte-Duells erholt, erzählt sie, wie sie zu diesem Nischensport gekommen ist. „Ich hab mich schon in Berlin in verschiedenen Sportarten ausprobiert. Der Fechtverein war gleich bei uns um die Ecke und dann dachte ich mir, warum eigentlich nicht.” Es habe eine Weile gedauert, bis sie nach dem Umzug auf die Insel einen Verein gefunden habe, aber jetzt sei sie hier so richtig angekommen. Das Einzige, was sie manchmal doch noch vermisse, sei die Berliner Geräuschkulisse vor dem Schlafzimmerfenster. „Es ist nachts so ruhig in Sineu. In Berlin hatte ich immer ein bisschen Straßenlärm, der mich beim Einschlafen begleitet hat.”

Zusammen mit Mutter Anne Wolf nimmt die Schülerin jetzt zweimal wöchentlich den Weg nach Palma auf sich. Trainiert wird immer Dienstag von 20 bis 21 Uhr und Freitag von 18 bis 19 Uhr. Der Mitgliedsbeitrag liegt derzeit bei 60 Euro pro Monat. Alma Wolf trainiert die Kunst des Fechtens mittlerweile insgesamt vier Jahre. Ob sie künftig ebenfalls Titel-Ambitionen wie Trainingspartner Larriba habe, verneint das Nachwuchstalent. „Ich mache das nur aus einem Grund: Weil es mir Spaß macht. Und so lange das so bleibt, mache ich weiter.”